Geschichtsrevisionismus
Dass es sich bei den Äußerungen der Nazis größtenteils um geschichts-verfälschende Äußerungen handelt, mit denen die heutigen Nazis ihr Fußvolk und auch Neulinge ködern, wird oft nicht erkannt. Jedoch zeugt dies von einer immer geschickteren Vorgehensweise. Die Umdeutungen der Geschichte aus dem rechtem Lager werden salonfähig. Es wird immer schwieriger, das perfide Vorgehen der Nazis erst einmal zu durchschauen, um ihnen wirklich entgegnen zu können. Leider lassen sich auf diesem Wege gerade die jüngere Menschen oder gar Kinder stark beeinflussen. So auch der Anlass alter und neuer Nazis, am vergangenen Samstag in Remagen für die verstorbenen Kriegsgefangenen in den Rheinwiesenlager zu trauern: Mit der Behauptung, dass eine Million deutscher Wehrmachtssoldaten in den Rheinwiesenlagern umgekommen wären, übertreiben sie bezüglich der Zahl der Toten willkürlich und deuten die eigentlichen Täter zu Opfern um. Eine solche Zahl von einer Million Toten hat natürlich einen hohen symbolischen und gleichzeitig emotionalen Charakter, weshalb sie auf den ersten Blick zunächst lieber nicht groß hinterfragt wird. Tatsächlich dürfte diese Zahl – offiziellen Berechnungen nach – zwischen 8.000 und 40.000 Toten liegen. Vor allem im Bezug auf die Rheinwiesenlager hat sich der Umgang der rechten Szene mit den zeitgeschichtlichen Umständen und den vorhergegangenen nationalsozialistischen Verbrechen geändert. Diese werden oft gar nicht mehr groß rechtfertigt oder als harmlos dargestellt, wie es sonst meist Konsens war, sondern einfach völlig außer Acht gelassen. Dies spiegelt sich auch in ihrer Darstellung der Ereignisse in den Rheinwiesenlagern wider: Die Taten der NS-Herrschaft werden als Lüge abgestempelt, die Kriegsverbrechen der Alliierten und die fürchterlichen Umstände, unter denen die deutschen „Helden“ zur Zeit ihres Lager-Aufenthaltes zu leiden hatten, in den Vordergrund gestellt. Zwar gilt es zweifellos auch, seitens der Alliiierten begangene Kriegsverbrechen zu hinterfragen – jedoch ist dies eindeutig fundiert im zeitgeschichtlichen Kontext unter Einbezug der damaligen Umstände und insbesondere der vorhergegangenen Taten des NS-Regimes zu klären. Denn dies darf noch lange nicht heißen, dass heutige Neonazis sich diese Aufgabe zu eigen machen dürfen, um eine Version der Geschehnisse im Kontext ihrer menschenverachtenden Weltanschauung zu kreieren und die wahren Geschehnisse zu leugnen.Schwacher, dennoch entschiedener Widerstand
An diesem Tage gestaltete es sich als eher schwierig, dem Treiben der Nazis in Remagen wirklich etwas entgegenzusetzen. Es fehlte eine breite Mobilisierung, um rein zahlenmäßig der großen Masse der Nazis Herr zu werden und der Polizei rein symbolisch die Legitimation zu nehmen, eine Nazi-Demo überhaupt zu rechtfertigen. Die Mobi-Aktionen der örtlichen Antifa waren zwar vielseitig, jedoch reichten diese allein wohl auch nicht aus, um wirklich viele Bürger aus der Stadt und überregional Antifaschisten zum Protestieren zu bewegen. Auch fehlt wie auch in zahlreichen anderen Städten des Rheinlandes bei den Bürgern die Erkenntnis, dass ihre Stadt aber auch das ganze Rheinland (v.a. in den ländlichen Regionen) schlicht ein Nazi-Problem hat. Der Grund dafür ist nach wie vor, dass man sich auch von politischer Seite mit solchen unbequemen Themen lieber erst gar nicht auseinandersetzen möchte. Das einzige Mittel – die breite Bürgerbeteiligung – fehlt somit nach wie vor. Zwar stieß man auch auf Antifaschisten u.a. aus dem Köln-/Bonner Raum, jedoch scheint das alljährliche Treiben der rechten Szene in Remagen überregional der breiten Masse nicht bekannt genug zu sein oder nicht ernst genug genommen zu werden. Trotzdem gelang es einigen Aktivisten der linken Szene – darunter auch einige GenossInnen der linksjugend [’solid] Großraum Koblenz – so nah an den Nazi-Kundgebungort rund um die „Schwarze Madonna“ heranzukommen um den Nazis die Stirn bieten zu können. So bekamen alle „Trauernden“ über die Polizeiabsperrungen hinweg mit lauthalsen Sprechchören und auch Gesänge zu Gehör, dass sie hier nicht von allen erwünscht waren – eine von vielen Antifa-Aktionen, welche sich mit vorherigen vorläufigen Festnahmen und anderen Repressalien seitens der Polizei teuer „erkauft“ werden mussten. Es gilt daher, in den nächsten Jahren auch in strukturschwachen Gegenden des Rheinlandes, deutlich stärker zu mobilisieren, damit unser Kampf gegen die ausufernde Naziszene zum Erfolg wird.Wehret den Anfängen!
Alerta antifascista!weitere Informationen
- Indymedia: „Naziaufmarsch am 20. November in Remagen (RLP)“ (nicht mehr Verfügbar!)
- Wikipedia: „Rheinwiesenlager“
- Kreisverwaltung Ahrweiler: „Geplanter Tod in der Goldenen Meile?“ (nicht mehr Verfügbar!)
- Antifa Ahrweiler (nicht mehr Verfügbar!)
- LINKSNET: »Nazi sein, heißt Leben wollen« – Das Aktionsbüro Mittelrhein (AB Mittelrhein)
- Polizeibericht (nicht mehr Verfügbar!)