Zur Empörung über die Arbeitsbedingungen bei Amazon und den Skandal über Pferdefleisch in Tiefkühllebensmitteln, erklärt der BundessprecherInnenrat der Linksjugend [’solid]:
Beide Entwicklungen lassen ein wiederkehrendes Bild von medialen Debatten über akute gesellschaftliche Missverhältnisse erkennen. Es bleibt bei einem Austausch von Empörungen. Dass die Probleme mit einem moralischen Aufschrei oder Boykotten nicht gelöst werden, weil sie vornehmlich struktureller Art bzw. konkrete Folgen einer permanenten deregulierenden Politik innerhalb des Kapitalismus sind, bleibt fast ausnahmslos unbeachtet.
Es ist selbstverständlich ein Skandal, wenn bei einem so anfälligen Lebensmittel wie Fleisch die Kontrolle nicht funktioniert. Allein aus gesundheitsgefährdenden Gründen sollte die Herkunft von Fleischprodukten einwandfrei nachvollziehbar sein, Selbst wenn dies bei dem aktuell zur Diskussion stehenden Pferdefleisch nicht der Fall sein sollte, so ist das scheinbar einfache Einspeisen von Fleisch ungeklärter Herkunft von der Produktion bis schließlich zum Verbraucher trotzdem ein massives Problem, welches in Zukunft konsequent kontrolliert und bei Verstoß rigoros bestraft werden muss.
Ebenso sind die prekären Arbeitsbedingungen, die Überwachung der Mitarbeiter durch das neonazi-affine Sicherheitsunternehmens H.E.S.S. und die Ausbeutung von SaisonarbeiterInnen bei Amazon skandalös und müssen so schnell wie möglich beendet werden. Ein gesetzlicher Mindestlohn von mindestens 10 Euro und ein striktes Verbot von Leiharbeit wären hierfür erste Schritte. Dennoch ist grundsätzlich festzuhalten: Andauernde neoliberale Krisenbewältigung hat nicht nur Phänomene wie Amazon hervorgebracht. Dauerhaft befristete und niedrigentlohnte Beschäftigungsverhältnisse sind schon lange keine Randerscheinung in unserer Gesellschaft sondern die etablierte Praxis, nicht nur in der Versandbranche und keinesfalls nur bei Amazon.
Daher kann es nur der erste Schritt sein, sich gegen Missstände wie z.B. bei Amazon und in der Lebensmittelproduktion zu empören. Es kommt aber vor allem darauf an, die gesellschaftlichen Strukturen des Kapitalismus, welche dahinter stehen, zu kritisieren, sowie das entsprechende politische Handeln derjenigen, welche die Verantwortung, in dem Fall für prekäre Arbeits- und Lebensverhältnisse und Nichtkontrollen in der Lebensmittelproduktion, tragen.