Am vergangenen Samstag fand erneut der sogenannte „Tag der deutschen Zukunft“ statt. Hierbei handelt es sich um eine rechtsradikale Versammlung, die sich bemüht, parteiübergreifend Neonazis aus dem ganzen Land zusammenzuführen. Unter dem Motto „Europa erwache“ trafen sie sich dieses Jahr in Goslar. Es waren tausende von Antifaschist*innen darum bemüht, dieses Treffen nicht stattfinden zu lassen.
So fand ein breiter Gegenprotest mit etwa 3.000 Teilnehmenden statt. Hierzu gab es eine Veranstaltung ein Bündnisses gegen Rechts, an dem sich verschieden Gruppen, so beispielsweise auch Schulen aus Goslar, beteiligten. Außerdem wurden zwei Gedenkgottesdienste und eine Kundgebung der DGB-Jugend abgehalten. Eine Kundgebung der Falken, die zumindest in Hörweite der Nazi-Route gewesen wäre, wurde schon vorab nicht genehmigt, wofür es keine hinreichende Begründung gibt. Es gab also keinen erlaubten Gegenprotest in Hör- oder Sichtweite, was Grund genug für zivilen Widerstand ist, denn es kann nicht sein, dass demokratischen Kräften das demonstrieren verboten wird, während Neonazis mit ihrer faschistischen Ideologie mit Polizeischutz durch Goslar marschieren durften.
Doch auch bei den Nazis lief nicht alles wie geplant, denn schon bei der Anreise gab es Probleme: Ein Zug, mit dem wohl circa 200 Rechte anreisen wollten, konnte nur mit Verspätung sein Ziel erreichen, da auf den betreffenden Gleisen brennende Reifen und Flüssigbeton platziert wurden. Somit konnten die Nazis immerhin nur mit Verzögerung beginnen. Selbst als der verspätete Zug sein Ziel erreichte, waren es dann nicht mehr als 300 Nazis, was eine leichte Verringerung der Teilnehmerzahl im Vergleich zum letzten Jahr darstellt und bei weitem nicht dem entspricht, was sich die Nazis erhofft haben. Diese sprachen von etwa 1.000 zu erwartenden Teilnehmer*innen und beschönigen auch im Nachhinein ihre Zahlen. Sie berichten fälschlicherweise von etwa 400 Demonstrierenden. Unter den Anwesenden waren vermutlich auch die Kameradschaft Rheinhessen aus der rheinland-pfälzischen Region.
Auf der Gegenseite gab es bereits sehr früh Komplikationen mit der Polizei: Einige Busse, wie etwa der aus Göttingen, wurden von Polizeiblockaden daran gehindert Goslar zu erreichen. Daraufhin veranstalteten einige der aufgehaltenen Demonstrant*innen eine spontane Demonstration. Vor Ort in Goslar wurden bereits beim Verlassen des Bahnhofes die Wege in Richtung der DGB-Kundgebung von der Polizei blockiert. Diese war allerdings die einzige Möglichkeit, überhaupt in die Nähe der Nazi-Route zu kommen, denn der restliche Teil des Protestes fand auf den anderen Seite der Schienen statt. Die wenigen Überwege auf die andere Seite der Gleise wurden von der Polizei sehr schnell dicht gemacht, sodass eine vergleichsweise kleine Gruppe Antifaschist*innen die DGB-Kundgebung erreichte. Selbst kurz vor Erreichen besagter, angemeldeter Kundgebung versuchte die Polizei noch einmal den Weg zu blockieren, was ihr allerdings nicht gelang.
Auf dieser Kundgebung waren auch Demonstrierende der linksjugend [’solid]. Nachdem die DGB-Kundgebung aufgelöst wurde, wurden die Teilnehmenden allerdings wieder an das andere Ende der Stadt eskortiert, wobei durch Polizeiketten und sogar Polizeipferde verhindert wurde, dass einzelne oder alle Demonstrierenden in die Richtung der Nazi-Route gelangen konnten. Auf die Anfrage, ob denn der Besuch des Gedenkgottesdienstes, der ebenfalls in der Sperrzone lag, gestattet sei, reagierte die Polizei mit Hohn. Trotz der Bemühungen der Polizei, gelang es einigen Kleingruppen, sich zumindest in die Nähe der Nazi-Demo vorzuarbeiten, wobei es dabei etliche Kontrollen und auch einige Verhaftungen gab. Schließlich sammelten sich die Kleingruppen wieder an der Stelle, an der sie den Nazis am nächsten waren. Dort wurde eine spontane Kundgebung angemeldet, welche am Ende bis zu 150 Teilnehmende zählte. Die Kundgebung dauerte an, bis die Nazis an der Stelle vorübergezogen waren. Man konnte sie allerdings nicht sehen, sondern lediglich ihre Trommeln hören. Die beiden Trommler zogen vorweg, gefolgt von Transparenten der Jungen Nationalen(JN) und Transpis auf denen die Freilassung einer Holocaust-Leugnerin gefordert wurde. Dem recht kurzen Demozug wurden von der spontanen Kundgebung aus antifaschistische Parolen zugerufen, bis er außer Hörweite war. Danach war ein zuvor mit der Polizei abgesprochener Demozug bis zum Hauptbahnhof geplant. Die Polizei hielt sich allerdings nicht an die Abmachung und erlaubte den Demonstrierenden nur auf dem Gehweg den Weg bis zum Bahnhof zurückzulegen. Die offizielle Begründung dafür war das Freihalten von Fluchtwegen, was allerdings angesichts der Tatsache, dass die Polizei selbst die gesamte Straße blockierte, nur ein Vorwand für Schikane war. Selbst an Stellen, an denen der Gehweg gerade einmal breit genug für eine Person war, gestattete die Polizei nicht das Betreten der Straße. Am Bahnhof ging es direkt weiter mit der Machtdemonstration der Exekutive. So hielten sie willkürlich Menschen davon ab, das Bahnhofsgelände zu erreichen. Über ein Kirchengelände konnten allerdings doch die meisten zum Bahnhof gelangen, nur um dort auf Polizei vorm Eingang und Hamburger-Gittern vor den Gleisen zu stoßen. Der Grund war sofort klar: Die Nazis durften als Erstes ungestört abreisen. Das zog sich etwa noch eine halbe Stunde, bevor alle Nazis abgereist waren.
Im letzten Zug der den Bahnhof verließ, zeigten einige Nazis provokant den Hitlergruß. Als die Polizei darauf aufmerksam gemacht wurde, ignorierte sie es jedoch geflissentlich. Daraufhin wurden die Gegendemonstrant*innen lauter und zeigten den Mittelfinger. Das sah die Polizei wohl als Grund einzugreifen und obwohl nun überhaupt keine Nazis mehr im Bahnhof waren, begannen sie die Gegendemonstrant*innen zurückzudrängen. Als sich die Menschenmenge nicht so schnell bewegte, wie es der Polizei lieb gewesen wäre, begann sie in den hintersten Reihen zu schubsen ungeachtet der Warnrufe. Schließlich entschieden sie, dass eine Demonstrantin wohl zu langsam gewesen war und versuchen sie aus der Menge zu ziehen. Als die umstehenden sich bemühten, die junge Frau zu schützen und zurückzuziehen, reagierte die Polizei mit Knüppeln. Als die Frau am Boden lag, zog ein Polizist sein Pfefferspray und richtete den Strahl auf die Frau am Boden und alle die ihr zu Hilfe eilen wollten. Schnell entstand Panik und die Menschen versuchten auszuweichen, sodass die Frau nun festgenommen werden konnte. In der Panik ließ die Polizei auch noch ihre Hunde los, die zwar Maulkörbe trugen, aber dennoch die Situation verschlimmerten, indem sie an den Demonstrierenden hoch sprangen. Durch das Pfefferspray gab es schließlich einige Verletzte, durch die die plötzliche Durchsage der Polizei, man sollle doch bitte Ruhe bewahren, noch ironischer wirkte. Außer natürlich, sie war an die eigenen Leute gerichtet, was in dieser Situation sehr viel mehr Sinn ergeben hätte. Die letzte Schikane, die die Antifaschist*innen über sich ergehen lassen mussten, war, dass ihr Zug an dem Bahnhof, an dem die meisten umsteigen mussten, auf polizeiliche Anweisung hin, nicht hielt. Grund dafür waren Nazis, die hier umstiegen und es galt natürlich mal wieder Rechts vor Links. So fuhr der Zug an den hämisch winkenden Nazis vorüber.
Doch obwohl die Nazis sich so aufspielten, war der Tag auch für sie kein Erfolg. Dafür hatten zu wenige an ihrer Demo teilgenommen. Auch nächstes Jahr werden wir wieder dabei sein, wenn es heißt #noTddZ, denn wir lassen uns von Repression nicht beeindrucken und halten zusammen gegen die Faschisten!