Seit über 2 Wochen tobt in Frankreich der Protest der „gilets jaunes“ und erschüttert das eher ruhige Westeuropa. Die Bewegung richtete sich zunächst gegen eine Erhöhung der Spritpreise und wurde schnell zu einer breiten Bewegung gegen Macron und seine Regierung. Die neoliberale Politik von Macron hat die Massen erzürnt. Die Spritpreiserhöhung wird als Ökosteuer verkauft, mit welcher ein ökologischer Umbau finanziert werden soll. Zuvor wurde allerdings die Reichensteuer abgeschafft. Zahlen sollen also gerade die, die wenig Geld haben. Durch die hohen Mieten in den Zentren der Städte und einen mangelhaft ausgebauten ÖPNV, sind viele gezwungen, in den Vororten zu leben und sind auf ihr Auto angewiesen.
Man spürt einen deutlichen Hass auf die „Regierung der Reichen“ und neoliberalen Eliten. „Keine Weihnachten für die Bourgeoisie“ liest man auf einer Häuserwand und „Schau auf deine Rolex, das ist die Zeit des Aufstands“ auf dem Rücken einer gelben Weste. Es gibt deutliche Forderungen nach dem Rücktritt Macrons.
Die Masse der Demonstrierenden ist dabei keinesfalls homogen. Rechte und linke Kräfte sowie bisher unpolitisierte Teile der Bevölkerung sind dabei in Bewegung. Dies ist für einen spontan ausgebrochenen Massenprotest nicht ungewöhnlich. Leider haben die Führungen der Gewerkschaften wie z.B. die CGT nicht von Anfang an zu den Protesten aufgerufen, um den Rechten möglichst früh den Raum zu nehmen und das Programm der Bewegung zu schärfen. Mittlerweile mischt sie sich aber in die Proteste ein.
In Deutschland sind die Reaktionen bis jetzt sehr gering. Aus Angst, die Gelbwesten seien insgesamt eine rechte Bewegung oder ein Querfront-Projekt, gab es von einigen Teilen der Linken kaum Solidarität. In der Zwischenzeit versuchten schon deutsche Faschisten und andere Rechte Kräfte, das Konzept der gelben Warnweste zu instrumentalisieren und eine Bewegung gegen den UN-Migrationspakt zu starten. Der Erfolg blieb bisher aus, aber es zeigt, wie gefährlich es für die Linke ist, sich in solchen Zeiten passiv zu verhalten.
Auch muss uns klar sein, dass spontane Massenproteste nie frei von reaktionären Kräften sind, die versuchen, diese für sich zu nutzen, und auch nicht von Anfang an ein einheitliches Programm vorweisen. Für dieses müssen Sozialist*innen innerhalb der Bewegung kämpfen. Bernd Riexinger schrieb hingegen von einer „Verbrüderung linker und rechter Gesinnung“, als seien die Demonstrationen unter einem einheitlichen Aufruf gestartet. Dies zeigt auch, dass es der LINKEN an Vorstellungen fehlt, wie eine kämpferische Massenbewegung aussieht. Mittlerweile hat diese bewirkt, dass die Steuererhöhung für 2019 ausgesetzt wurde. Die französische Regierung musste den Massen nachgeben und befindet sich in einer tiefen Krise. Fast 80 % der französischen Bevölkerung solidarisieren sich mit der gilets jaunes Bewegung und gerade einmal 11% sagen, dass Macron die Interessen der Bevölkerung vertritt.
Am Donnerstag weiteten sich die Proteste auf 280 Schulen aus. Die Schüler*innen demonstrieren gegen die Reform des Hochschulzugangs und Kürzung des Lehrpersonals. Dabei wurden 700 Schüler*innen festgenommen. Die Repression von staatlicher Seite ist insgesamt sehr hoch. Für das kommende Wochenende sind weitere Proteste und Streiks angekündigt. Ein Ende ist derzeit nicht abzusehen. Für den 14. Dezember hat die Gewerkschaft CGT einen Aktionstag angekündigt. Dieser Termin ist zwar reichlich spät, kann aber hoffentlich die Stimmung der Protestwelle nutzen.
Für eine konsequente und erfolgreiche Fortsetzung der Bewegung, braucht es eine starke linke Kraft, die die Menschen organisiert und ein klares sozialistisches Programm aufstellt. Es ist wichtig, dass sich auch international Solidarität mit der Bewegung bildet. Der Kampf gegen die herrschende Klasse muss sich auch endlich in Deutschland und Europa ausweiten.