Beim
länderübergreifenden Klimastreik von „Fridays for Future“ (Ortsgruppe
Mainz) am 17. Januar waren wir mit mehr als 20 Genoss*innen vor Ort und
einem eigenen Block präsent.
Insgesamt zählte die Demonstration bis
zu 12.000 Teilnehmende und war damit eine der größten der letzten 30
Jahre in Mainz. Für den angekündigten Zentralstreik wurde neben RLP auch
in Hessen, Baden-Württemberg und dem Saarland mobilisiert, was die
Einschätzung, ob die Anzahl der Teilnehmenden auf ein Erstarken der
Bewegung oder nur auf die breite Mobilisierung zurückzuführen ist,
erschwert. Über Ersteres würden wir uns freuen, denn obwohl wir einigen
Aspekten von FFF nicht unkritisch gegenüberstehen, wie dem Mangel an
politischer Zielsetzung, halten wir eine Bewegung, die Jugendliche
politisiert und sich einer unbequemen Protestaktion (Streik) bedient,
für wichtig und sehen ihr Potenzial.
Umso mehr müssen wir anmerken,
dass es für die Zukunft von Fridays For Future wichtig ist die
Konflikte zwischen ihren Forderungen und der lohnabhängigen Bevölkerung
zu beheben. Dies geht in unseren Augen zwangsläufig einher mit einer
Veränderung des politischen Kurses weg von reformistischen Maßnahmen,
die in einem profitorientieren Wirtschaftssystem immer zuerst auf dem
Rücken der Unterdrückten ausgetragen werden. Und dass ein gemeinsamer
Kampf mit den Arbeitenden auch für FFF große Vorteile birgt, ließ sich
in ersten Zügen im Rahmen der „Wir haben es satt!“-Demo in Berlin sehen,
wo Landwirt*innen zusammen mit den Streikenden für Klimagerechtigkeit
und gegen die aktuelle Klimapolitik auf die Straße gingen.
Während die Kundgebung zu Beginn des Aktionstages in Mainz mit eher
unpolitischer Musik und Sprechchören begann, zeichneten sich im Laufe
des Demonstrationszuges mehr und mehr politische Tendenzen ab.
Bei
Redebeiträgen wurde viel auf die Gefahr des Klimawandels bzw. dessen
Folgen hingewiesen, kritisiert dass die Politiker*innen nicht handeln
würden und appelliert, dringend etwas zu tun.
Die Verbindung von
Kapitalismus und Klimazerstörung als Fluchtursache wurde unter anderem
von einer Rednerin der Seebrücke, welche auch für DIE LINKE im Mainzer
Stadtrat sitzt, richtig benannt, allerdings hätten wir uns
auch an
dieser Stelle über ein häufigeres Einbringen konkreter Forderungen und
Lösungsvorschläge gefreut. Für uns steht hierbei im Vordergrund, dass
die Krise, auf welche wir zusteuern, eine komplexe, dem Kapitalismus
verschuldete Problematik ist und nicht mit Maßnahmen wie einer
CO2-Steuer angegangen werden kann.
Oft wurde erwähnt, dass die
Lösungen bereits bekannt seien und man nur auf die Wissenschaft hören
müsse, wobei diese als Grundlage für Forderungen nicht mit Forderungen
selbst verwechselt werden sollte. Wissenschaftliche Fakten ohne
politische Konzepte vorzulegen vertraut zu sehr auf Akteure wie
wirtschaftliche Interessen oder Regierungen und steht einer Vereinigung
der Streikenden, Umweltaktivist*innen und der lohnabhängigen Bevölkerung
hinter einem Ziel im Weg. Ebenso die Betitelung des Streiks als
„universelles Mittel“, dem alle verpflichtet seien, da große Teile der
arbeitenden Bevölkerung ihre finanzielle Existenz sichern müssen und
einen Arbeitsplatzverlust nicht riskieren können.
In unseren Augen
sind klarere und soziale Forderungen, wie beispielsweise der
schnellstmögliche Kohleausstieg bei gleichzeitiger Arbeitsplatzgarantie,
Arbeitszeitverkürzungen bei vollem Lohn und, wo nötig, kostenlose
Umschulungsprogramme für alle Arbeiter*innen, notwendig, um Druck
aufzubauen und Veränderungen im Hier und Jetzt zu erreichen.
Von
Seiten des FFF-Orgateams erfolgte, wie bereits auf einigen
vorangegangenen Veranstaltungen, die Auffordung, keine Flyer und Sticker
politischer Organisationen zu verteilen. Wir vertreten die Ansicht,
dass solche Verbote innerhalb einer politischen Bewegung, die sich auf
Pluralismus und Breitenmobilisierung stützt, deplatziert sind. Wir
finden, dass es allen Organisationen, welche den Klimawandel nicht
leugnen oder rassistische Hetze verbreiten, erlaubt sein sollte, ihr
Material zu verteilen, da nur so eine inhaltliche Debatte über die
Standpunkte innerhalb der Bewegung geführt werden kann.
Daher haben
wir auch diesmal zahlreiche Flyer und Sticker verteilt und konnten
zudem noch einige Buttons verkaufen. Insgesamt war es für uns eine gute
Möglichkeit unsere Sichtweisen und sozialistischen Forderungen in die
Bewegung einzubringen.
Wir werden uns weiterhin an den FFF-Demos
beteiligen und uns für unsere Überzeugung einsetzen, die Umwelt nur
retten zu können, wenn wir mit dem kapitalistischen System brechen und
eine Wirtschafts- sowie Gesellschaftsordnung etablieren, die sich nach
den Bedürfnissen von Mensch und Natur statt Konzerninteressen richtet.
Hierzu braucht es zudem klare Forderungen. Unsere lauten wie folgt:
➡Verkehrswende sozial und gerecht: Für einen ÖPNV zum Nulltarif! Massiver Ausbau des Schienennetzes und Erhöhung der Taktung. Verkehrsbetriebe in öffentliches Eigentum überführen unter demokratischer Kontrolle und Verwaltung durch die lohnabhängige Bevölkerung.
➡Es geht nicht, dass Konzerne sich über Jahrzehnte für eine umweltschädliche Produktion entscheiden und wir für die entstandenen Schäden zahlen sollen: Die Verursacher müssen zahlen! Die Kosten für die Umrüstung umweltschädlicher Dieselautos, bei dessen Abgaswerten die Autoindustrie Jahre lang gemogelt hat, die Entsorgung von radioaktivem Giftmüll etc.: Für all das sollen die Konzerne zahlen, die daran verdient haben und nicht wir! Das bedeutet auch keine Subventionen für den Kohleausstieg!
➡ Kohleausstieg jetzt! Garantierte Weiterbeschäftigung ohne Lohnverlust bei gleichzeitiger Arbeitszeitverkürzung für alle Kolleg*innen! Niemand darf arbeitslos werden! Kostenlose Umschulungen für alle Beschäftigten, wenn nötig!
➡Massives Subventionsprogramm für den Ausbau erneuerbarer Energiegewinnung in staatlicher Hand! Ein solcher Ausbau könnte zehntausende neue Jobs schaffen!
➡Sofortige Einführung einer Millionärssteuer von minimal 10%! Einmalig 25-prozentige Abgabe für alle Milliardäre!
➡Energiegewinnung in öffentliche Hand: Für die entschädigungslose Enteignung der größten Energiekonzerne und ihre Überführung in Gemeineigentum unter demokratische Kontrolle und Verwaltung durch Beschäftigte, Wissenschaftler*innen, Staat und Umwelt- und Verbraucher*innenorganisationen!
➡Kapitalismus überwinden! Errichtung einer sozialistischen Demokratie weltweit!
