Vor wenigen Tagen wurde der wohl kürzest amtierende Ministerpräsident Thüringens, Thomas Kemmerich, gewählt. Kemmerich setzte sich im dritten Wahlgang mit einer einzigen Stimme vor Bodo Ramelow durch, was nur mit Hilfe einiger Stimmen der AfD Fraktion möglich war. Die Geschehnisse lösten eine bundesweite Welle der Empörung aus, die in zahlreichen Demonstration gipfelte. In den Tagen danach überschlugen sich die Ereignisse – Es folgten Rücktrittserklärungen Kemmerichs, des Ostbeauftragten Christian Hirte, der CDU Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und zuletzt des Thüringer CDU Fraktionsvorsitzenden Mike Mohring. Christian Lindner stellte die Vertrauensfrage im Parteivorstand der FDP.
Auch wenn viele führende Politiker*innen jetzt gerne so tun, als seien die Ereignisse in Erfurt eine Überraschung sowohl für die FDP, als auch für die CDU, wirkt politische Naivität in diesem Ausmaß gestellt. Vielmehr entsteht der Eindruck, dass CDU und FDP die Gelegenheit genutzt hätten, um Ramelow als Ministerpräsidenten zu umgehen.

AfD, FDP und CDU?

Die bundesweite Empörung über die Ereignisse in Erfurt ist verständlich. Dabei zeugt die momentane politische Situation währenddessen von einer tiefen Zerrissenheit der herrschenden Parteien bei der Frage wie sie ihrer Agenden im Interesse der Banken oder Großkonzerne umsetzen können. Auf der einen Seite wird es in einer zunehmend polarisierenden politischen Landschaft stetig schwerer und schwerer regierungsfähige Koalitionen ohne die Beteiligung der AfD zu stellen. Auf der anderen zeigt sich, dass die Frage nach der Zusammenarbeit mit der AfD in CDU und FDP noch nicht geklärt ist.
Auf den bundesweiten Demonstrationen in den darauf folgenden Tagen waren vermehrt Sprüche wie „Wer hat uns verraten? Freie Demokraten!“ zu hören, wobei das Statement, das mit einem solchen Ruf gesetzt wird, aus politischer Sicht kaum fragwürdiger sein könnte. Es ist bekannt, dass es zwischen der Politik von CDU, FDP und AfD deutliche Parallelen wie Steuererleichterungen für Reiche, patriarchale Frauenbilder oder die Stärkung des Polizeiapparats gibt. Das diese Parteien daher, wenn es um die Umsetzung ihrer Agenda geht, mit Rechtsaußen liebäugeln, ist also kein Wunder. Die Politik der AfD, die sich selbst gerne als das Mittel der „kleinen Leute“ darstellt, versucht vielmehr nur radikaler an die bisherige Politik von CDU, SPD, FDP und Grüne anzuknüpfen und beweist damit erneut, dass sie ganz auf Seiten des Establishments steht.
Ein gutes Beispiel hierfür bietet der Berliner Mietendeckel der im März im Abgeordnetenhaus der Stadt Berlin beschlossen werden soll. Auch wenn dieser schon stark abgeschwächt wurde, will die AfD Bundestagsfraktion gegen den Mietendeckel vor dem Bundesverfassungsgericht vorgehen. CDU und FDP kündigten selbige Methoden an. Damit stellen sich sowohl AfD, als auch FDP und CDU wieder einmal auf die Seite der Immobilienbesitzer*innen und zeigen, dass ihnen die Rendite der Immobilienhaie wichtiger sind, als bezahlbare Mieten für die arbeitende Bevölkerung.

Ein Tabubruch?

Viele sprachen auch in den letzten Tagen vom Bruch mit einem „demokratischen Konsens“. Diesen sehen wir nicht, da wir nicht meinen dass wir jemals irgendeinen Konsens mit den herrschenden Parteien (CDU, SPD, Grüne und FDP) hatten. Diese Parteien betreiben seit Jahren eine Politik, die die arbeitende Bevölkerung mit Füßen tritt (HartzV, die Schwarze Null, der Kosovkrieg etc.). Gehörte diese diese Politik zu einem Konsens, der erst jetzt gebrochen wurde? Wenn ja, gehörten wir nicht zu diesem Konsens.
Für uns ist es keine große Überraschung das bürgerliche Parteien nun mit der AfD paktieren. Wenn es darum geht die Interessen der Reichen durchzusetzen ist die Wahl zwischen den LINKEN und der AfD nicht sehr schwer.

Kampf gegen die AfD

Im Kampf gegen die AfD dürfen wir uns nicht auf Versprechungen bürgerlicher Parteien verlassen, da diese am Ende des Tages ausschließlich dem Kapital dienen. Erfurt hat unter anderem gezeigt, dass es egal ist, wie sehr sich DIE LINKE dem Establishment anpasst, ein linker Ministerpräsident den Herrschenden immer ein Dorn im Auge sein wird und dass diese alles dran setzen werden ihn zu bekämpfen. Die Annäherung der LINKEN an die Machtgefüge, besonders in Thüringen, hat zum direkten Erstarken der AfD geführt, denn dort wo DIE LINKE früher noch als antiestablisment Kraft punkten konnte, wird sie nun von vielen als die Partei angesehen, die Kürzungen und Privatisierungen trägt. Die Folge war, dass sich Wählerinnen vermehrt der AfD zuwandten oder gar nicht erst wählen gingen. DIE LINKE hätte und muss in Zukunft stark für die Interessen der arbeitenden Bevölkerung einstehen und auf Bündnisse mit SPD, Grüne, CDU und FDP verzichten. Die zahlreichen Mobilisierungen nach den Geschehnissen in Erfurt waren der richtige Weg auf die politische Lage zu reagieren und haben den Druck auf CDU und FDP zweifellos erhöht. Wir halten es für enorm wichtig, dass diese Mobilisierungen weitergehen und das DIE LINKE sich hier kämpferisch einbringt. Nicht zuletzt haben einige LINKEN Politikerinnen von einer „Einheit aller Demokrat*innen“ gesprochen – Diese Haltung lehnen wir aufs entschiedenste ab. Wir sehen keine Einheit mit CDU, FDP, Grünen oder SPD und es scheint uns absurd sich nun auf die zu stützen, die vor wenigen Tagen gezeigt haben, dass sie bereit sind mit der AfD ins Bett zu steigen. Vielmehr fordern wir jetzt DIE LINKE auf, den Kampf gegen die AfD mit einem konsequenten Kampf für soziale Verbesserungen und den Gewerkschaften zusammenzuführen. Gerade in der heutigen Zeit, in der sich Betriebsschließungen immer weiter häufen, wäre eine Offensive der LINKEN in diesem Bereich notwendig. Diese Offensive müsste von unten getragen werden, für den Erhalt aller Arbeitsplätze kämpfen und die Verstaatlichung aller betroffenen Betriebe unter demokratischer Kontrolle der Belegschaft fordern. DIE LINKE muss den Kampf für einen Mindestlohn von 13 Euro, als Vorstufe zu 15 Euro und eine Mindestsicherung von 1500 Euro beginnen und so die Bewegung, die durch Erfurt losgetreten wurde bestärken.

Für eine kämpferische LINKE, die die AfD besiegen kann und den Kapitalismus überwinden!

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