Anlässlich des internationalen feministischen Kampftages wurden gestern Plakate mit folgendem Text in der Lautrer Innenstadt geklebt:
„Selten hat sich die fehlende Gleichberechtigung von Frauen* in den letzten Jahren so deutlich offenbart, wie in Zeiten von Corona. Nicht nur, dass sie durch Schließungen öffentlicher Orte und Gebundenheit an die eigenen vier Wände einer größeren Gefahr von häuslicher Gewalt ausgesetzt sind – nein, sie leiden auch in besonderem Maße unter der Krisenpolitik der Länder und des Bundes. Im öffentlichen Diskurs und auf der Suche nach Lösungen werden ihre speziellen Lebenslagen und Bedürfnisse sehr häufig aus den Augen verloren. Und das nicht immer nur aus politischem Kalkül heraus, sondern besonders aus einer Unwissenheit darüber, wie wenig fortgeschritten die weibliche Emanzipation in Deutschland doch in Wahrheit ist.
Viele, so häufig propagierte, „Allheilmittel“ im Kampf gegen die Coronapandemie, sind auf weibliche Personen nicht zugeschnitten. Ein Recht auf Home-Office zum Beispiel? Ja, das ist nötig – aber gerade für Frauen oft eine realitätsferne Forderung. Denn auf dieses Recht haben sie in systemrelevanten Berufen sicherlich keinen Anspruch. Gerade Berufe in der Pflege, der Erziehung und im Einzelhandel sind Tätigkeiten, die überwiegend von Frauen ausgeübt werden. Im Gesundheits- und Sozialwesen zum Beispiel arbeiteten in Deutschland 2018 dem Statistischen Bundesamt zufolge knapp 4,2 Millionen Frauen* und nur 1,3 Millionen Männer*. Da hilft auch alles Klatschen nichts, wenn für diese Berufsstände keine reellen Verbesserungen in Bereichen wie Lohn, Ausbildungsvergütung oder Arbeitszeit folgen.
Aber nicht nur in Sachen Lohnarbeit haben es Frauen* in der Krise schwer. Denn genauso wenig, wie traditionelle weibliche Berufe wirkliche Wertschätzung erfahren, verhält es sich auch mit der häuslichen Sorgearbeit. Auch sie fällt noch immer vermehrt auf Frauen* ab. Dazu zählt nicht nur eine höhere und zusätzliche Belastung durch den Haushalt. Auch die Kindererziehung ist längst nicht ausschließlich in konservativen Familienstrukturen noch eine „Aufgabe“ der Frau*. Ganze 90 Prozent aller Alleinerziehenden sind Frauen*. Wenn nun also Schulen und Kitas schließen und eine Notbetreuung nicht mehr möglich ist, dann wurde das Konzept Home-Office wirklich vollkommen ad absurdum geführt. Frauen* waren in gewisser Weise schon vor Beginn der Pandemie permanent in einer Art Home-Office-Situation gewesen – eine enorme Belastung, die gerade jetzt zum Ausdruck kommt.
Die Missstände, die durch die Pandemie deutlich wurden, sind kein Ausnahmezustand! Sie sind die Folge von jahrhundertelanger Unterdrückung der Frau*, die damit maßgeblich die Profite des Kapitalismus ermöglicht. Wo Haus- und Sorgearbeit unentlohnt bleibt, da ist die Lebenslage von Frauen* weiterhin unsicher. Nicht ausreichend vorsorgen zu können – dieses Problem kennen viele Frauen* und genau jetzt und für die Zukunft ist doch nichts von größerer Bedeutung. Die Ungewilltheit, zureichende Lösungen für Frauen* zu suchen oder gar zu finden, zeigt einmal mehr, wie abhängig unsere Gesellschaft noch immer von der weiblichen Ausbeutung ist. Deshalb müssen in letzter Konsequenz nicht nur Soforthilfen geboten werden, sondern das patriarchale System und die kapitalistische Ausbeutung kritisiert und bekämpft werden. Zusammen für einen feministischen, kämpferischen Sozialismus!
Wir fordern:
– Gleiche Löhne für gleichwertige Arbeit! Lohnerhöhung in frauendominierten Berufen- Besseres Angebot von gut organisierten und ausgestatteten Frauenhäusern, Beratungsstellen und Notrufen!
– Ermäßigter Mehrwertsteuersatz für frauenspezifische Hygieneartikel und Produkte! Vollständige Übernahme von Verhütungskosten durch die Krankenkassen!
– Abschaffung der de facto Werbeverbote für Abtreibungen und her mit neutraler Beratung! Weg mit §219 und §219a
– Kostenlose ganztägige Kinderbetreuung! Ausbau von Angeboten und Investitionen im Erziehungsbereich!
– Elternzeit für beide Elternteile im Beruf ausdehnen! Rückkehr in den Beruf vereinfachen!
– Vergesellschaftung der Hausarbeit und Daseinsvorsorge! Für flächendeckende und gut ausgestattete Kitas und Pflegeeinrichtungen! Für günstige Restaurants und öffentliche Wäschereien! Kostenfreie Kantinen!
– Akzeptanz von allen Sexualitäten und Lebensstilen!
– Unser Feminismus ist international! Unser Kampf ist grenzenlos!“



